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den Mund zu halten und nur zu reden, wenn der Herr Klassenlehrer Cygrang mich etwas fragte. Auch beeindruckte mich die feierliche Begrüßung des Herrn Lehrers und das donnernde „Heil Hitler“ aus den Kehlen der deutschen Jungen. Da der Herr Lehrer von Anfang an seinen kleinen Rohrstock als Lehrmittel einsetzte, lernte ich ziemlich schnell den Hitlergruß mit der rechten Hand auszuführen und den linken Arm an der Hosennaht zu halten. Es wurde ständig geprügelt, was von allen, die etwas zu sagen hatten, als eine
sehr nützliche Selbstverständlichkeit angesehen wurde. Es gab Prügel:
wenn der Tafelschwamm nicht sauber und nass war,
wenn der Wischlappen nicht trocken und staubfrei war,
wenn die Kreide nicht im Kreidekasten lag,
wenn die Schultafel nicht rechtwinklig vor dem Schüler lag oder
wenn ein Stück Papier auf dem Boden lag……….und so weiter.

Nur „Thomase Herrmänche“ wurde vom Herrn Klassenlehrer oft ver-schont und bekam meistens nur einen Stockschlag über den Rücken, was von uns Jungen fast wie ein Ritterschlag empfunden wurde.
Deshalb konnten wir Herrmännchen dafür gewinnen, gelegentlich freiwillig die Schuld für irgendein kleineres Vergehen auf sich zu nehmen, was er sich in essbaren Naturalien entgelten ließ. Wenn jedoch die
große Prügelei drohte, verweigerte Herrmännche sein Schuldgeständnis. Bei der großen Tracht Prügel musste sich der Verurteilte über die Schulbank beugen und seinen Hintern dem Herrn Klassenlehrer entgegenstrecken. Wenn sich der Verurteilte so beugte, konnte er das Firmenschild lesen, welches die Schulmöbelfirma Casalla aus Köln auf der Vorderseite der Schulbank eingebrannt hatte.
 

Deshalb hieß die große Tracht Prügel bei den Schülern „Casalla“. Oft fragten die Eltern ihre Kinder nur, ob es in der Schule „Casalla“ gegeben habe; wenn ja, dann gab es zuhause auf der Grundlage einer guten deutschen Tradition wenigsten noch ein paar Ohrfeigen vom Familienvorstand. In der Mädchen-klasse, bei der Lehrerin Fräulein Krummeich, gab es  keine Casalla. Mit
großer Hingabe bereitete Fräulein Krummeich die Mädchen mit Häkeln,
Stricken und Sticken auf ihre Zukunft als Witwen, Flakhelferinnen und Granatendreherinnen vor.

Als die Front schon ganz nahe bei Bernkastel war, da war das Ländchen Luxemburg schon von den Nazis befreit und die befreiten Luxemburger
waren sehr versessen darauf, die Leute in ihre Finger zu bekommen, die
sie an die Nazis verraten hatten. Auch dies wusste der Herr Lehrer Cygrang
und so kam zu dem schlechten Charakter des Herrn Lehrers auch noch seine Angst vor seiner unaufhaltsam auf ihn zurasenden Endabrechnung. Die Schuljungen von Bernkastel waren also dem Schicksal und den Tieffliegern dankbar, die Quälereien und Bösartigkeiten des Herrn Lehrers zu entkommen.

Ich war über diese Wendung nicht sehr erfreut, denn ich hatte
inzwischen mit zwei weiteren Klassenkameraden ein einträgliches Abkommen geschlossen. Beide Jungen waren nicht sehr begabt in
der Lösung von Rechenaufgaben. Und so lieferte ich den beiden fast
täglich die Lösungen ins Haus und bekam dafür schöne geklaute Dinge, wie zum Beispiel einen silbernen Brieföffner mit einem Hakenkreuz in den Fängen des Reichsadlers oder einen echten römischen Morgenstern, mit dem die Römer ihre Sklaven gegeißelt haben. Vor diesem Geschäft hatte Horst seinen Vetter Franz
gewarnt,
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