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Tröstlich für viele inzwischen unsicher und wankelmütig gewordene Bürger des Dritten Reiches war der Umstand, dass sich in der „Kurfürstlichen“ die Kreisleitung der NSDAP befand, die beim Bombardement einen Totalschaden erlitt. „Ballmanns Horst“ rettete aus
den Trümmern der Kreisleitung ein Paket teures, weißes Schreibmaschinen-Papier mit der Kopfzeile in Gotischer Fraktur „Die Kreisleitung der NSDAP, Bernkastel“. Dieser Schatz hätte sich vor Wochen sehr gut verhökern lassen. Jetzt aber war der Besitz lebensgefährlich. Horst zeigte seine Beute „Olk´s Willi“, der davon abriet nur den Papierwert der Beute zu betrachten. Horst entschied sich sehr schnell, das Paket wieder loszuwerden.
Er hat es in den Hauseingang eines stadtbekannten und radikalen Nazis gelegt, wo es sich binnen weniger Stunden in Feuer und Rauch auflöste.
Während des Bombardements war der Felsenkeller fast leer, weil weder
im Radio noch von den Sirenen Voralarm oder Alarm ausgelöst
worden war.
Ein leerer Felsenkeller war eine traurige Sache:
Alles war nass und dunkel und es fehlte die Wärme der vielen Leiber und es fehlte das Wispern
und Pispern der menschlichen Stimmen. Stattdessen hörte man,-fast rhythmisch-das helle Klicken der Wassertropfen in den Pfützen auf dem Steinboden. Und
auf der Kasperlebühne von Frau Lüttiken lagen die leblosen Körper ihrer Puppen. Nur ganz in der Nähe des Ausgangs saß Tante Sisska bei einer jungen Frau, die leise vor sich hin weinte. Tante Sisska hatte einen Arm um den Hals der jungen Frau gelegt und weinte auch. Im anderen Arm hielt sie ein Bündel an ihren Körper gepresst, in dem ihr Säugling Manfred ebenfalls weinte. Die junge Frau wohnte in der Nähe, wo die Bomben eingeschlagen waren und sie wusste, dass sich ihre Mutter und ihre Schwester zuhause aufhielten als das Unglück geschah. |
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Sie war wie betäubt und erzählte-wie im Traum- kuriose und zusammenhanglose Geschichten. Ganz besonders aber befürchtete sie, dass wahrscheinlich ihr neu gerahmtes Bild über ihrem Bett, das „Alpenglühen im Sommer “ jetzt in Schutt und Asche in den Trümmern läge. Das Weinen von Tante Sisska schlug blitzartig in ein hysterisches Lachen um, von dem auch die junge Frau angesteckt wurde. Sisska drückte ihren Manfred meiner Mutter in die Hand und schlug der jungen Frau vor, nachzusehen, ob das Haus von den Bomben getroffen wäre und ob das „Alpenglühen im Sommer“ vielleicht doch noch zu retten sei. An Ort und Stelle stellten die beiden Frauen fest, dass die Mutter und die Schwester im Keller des Nachbarhauses getötet worden waren, dass aber das „Alpenglühen im Sommer“ ein wenig schief, aber noch gut erhalten, an der alten Stelle hing. Seltsamerweise fanden alle, denen diese Geschichte bekannt wurde, dass es das Schicksal mit der jungen Frau irgendwie gut gemeint hätte und dass manches Unglück oft nicht ganz so schlimm sei, wie es im ersten Moment den Anschein habe.
Einige Tage später meldete sich das Fräulein vom Amt am Telefon
der Doctor-Weinstube und stellte die Verbindung mit unserem Opa her. Er teilte Tante Hedwig mit, dass er den letzten Bombenangriff von hier oben auf dem Bergfried miterlebt habe und fragte nach den Schäden
und den Toten und ob wir nicht endlich vernünftig würden und zu ihm herauf auf den Bergfried kommen wollten. Wir sollten uns-bitte schön am nächsten Morgen sehr früh aufmachen und zu ihm kommen, sonst könnten wir uns den nächsten Angriff auf das Städtchen wo möglich
nicht nur von hier oben, sondern von ein paar Etagen höher aus dem Himmel ansehen. Er werde uns den Herrn Zimmer mit einem Hand-wagen herunterschicken, damit wir das Nötigste mitbringen könnten,
und -bitte sehr- |
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