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Auf dem Bergfried angekommen, gab es eine frohe Begrüßung. Tante Sisska und der kleine Manfred waren am Vortag angekommen. Opa erzählte, dass auch Tante Gretel angerufen habe. Es gehe ihr und Onkel Bernd den Umständen entsprechend gut und dass sie glücklich wäre, jetzt auch auf dem Bergfried zu sein. Sie mache sich große Sorgen um ihren Bernd, der immer noch in seiner braunen Uniform herumliefe, obwohl in dem Dörfchen Bonbaden, wo er Förster war, alle Parteigenossen nur noch in Zivilkleidung herumliefen. Sie könne aber ihren Bernd auch gut verstehen, denn die Partei habe ihm die Leitung einer Forst-Gau-Behörde in Nordafrika versprochen,
mit einer riesigen Villa für den Leiter und eigenem Flugzeuglandeplatz. Es falle Bernd sehr schwer, die bereits völlig ausgearbeiteten Baupläne zu entsorgen oder dem Feind zu überlassen. Opa fügte hinzu: “Na ja, gut dass er nicht hier ist. Es würde ihm sicher nicht besonders leichtfallen, mit Flüchtlingen, desertierten Soldaten, abtrünnigen Nazis,
französischen und polnischen Zwangsarbeitern das Ende des tausendjährigen
Reiches zu erleben.“ Mutter Maria und Tante Sisska fragten verständnis-los, wo denn all diese Leute seien. Opa meinte darauf, dass er diese Leute bald erwarte, denn er habe über Alex und Jakub und über einige Gleichgesinnte durchblicken lassen, dass er die von den Nazis angedrohten weiteren Todesmärschen, Hinrichtungen und Lynchakte in seinem Einflussbereich nicht dulden werde. Er werde morgen die weiße Fahne auf den Bergfried hissen und den Not-leidenden im Wohnhaus
und im Kuhstall des Bergfrieds Asyl gewähren: Alex und Jakub seien ab sofort keine Zwangsarbeiter mehr, sondern Asylanten. Den Bewacher der beiden habe er fortgeschickt und ihm erklärt, dass es für ihn besser wäre, wenn er sich hier nicht mehr sehen ließe. Alex und Jakub sollten heute noch die kleine Felsenhöhle neben
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dem Quellenhaus im Wald oberhalb des Weinbergs für einen
sicherenAufenthalt der Familie vorbereiten. Der Schieferfelsen sei
meterdick und könne, wenn der direkte Beschuss in der Frontzone beginne,guten Schutz bieten. Er selbst werde mit Herrn Tenheil und
Herrn Zimmer seine Jagdgewehre
auf Vordermann bringen, und mit etwas dickerem Schrot laden, damit etwaige unbeliebte Besucher
seine Warnung auch richtig verstünden.
Unser Opa, den wir Kinder fast nur als leidenden, alten Mann kannten, der an zwei Stöcken langsam durch die Gegend schlurfte und hinter
dem meist jemand herging, der einen Stuhl in der Hand hatte, schien
uns sehr verändert, er war kaum wiederzuerkennen. Mit ruhiger Stimme gab er seine Anordnungen und alle taten, was er sagte-sogar Tante Hedwig. Die beiden Asylanten, Alex und Jakub, gingen zum
Quellenhaus im
Wald hinter unserem Weinberg, wo der Haustrunk der
Doktor-Weinstube wuchs: Unser „Bernkasteler Hofberg“. Alex und
Jakub fegten die kleine Felsenhöhle, in der die eigentliche Wasser-
quelle lag, sauber, stellten einen kleinen Herd hinein und banden ein Ofenrohr an der Wand fest. Dann stellten sie den Eingang der Höhle mit jungen Bäumen und Sträucher so zu, dass man ihn vom Weg her kaum noch erkennen konnte. Auf den Boden breiteten sie alte Pferdedecken und Strohsäcke aus. Für Marlene und mich und die
Kinder wurde die Schutzhöhle zu einem richtigen Abenteuerspielplatz
im Wald. Der Bewacher unserer ehemaligen Zwangsarbeiter, den Opa vom Hof gejagt hatte, hat seinem Vorgesetzten gemeldet, was ihm auf dem Bergfried widerfahren war. |
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