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Die Schrotladungen aus drei Gewehrläufen in die oberen Äste der Sauerkirschen ging weit über die Köpfe der SS-Leute, genauso, wie Opa es mit seinen Helfern besprochen hatte. Diese Warnung stoppte die Eindringlinge sofort. Voller Wut und ratlosem Staunen vor so viel bisher noch nicht erfahrener Auflehnung gegen die Staatsgewalt wollten die beiden SS-Männer ihre Pistolen aus den Halftern fummeln.
Opa: “Tiefer zielen! Und Feuer!“
Die nächste Salve krachte nur noch einen Meter über den Köpfen in die Bäume und alte Äste und Rinde rieselte auf die SS-Leute herab. Sie hoben brav ihre Hände in die Höhe.„Brave Leute!“ rief Opa ihnen zu: „Abmarsch!“
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Dann war der Spuk vorüber. Wohin die beiden SS-Leute marschiert sind, ist ungewiss. Sie werden es sich aber gut überlegt haben, denn im Städtchen begannen einige Bürger ihre SS-Peiniger zu suchen und zu jagen. Es roch nach Lynchjustiz.
Die Sonne erschien, es waren keine Flugzeuge am Himmel, die Front war seit gestern nur noch in größerer Entfernung zu hören und die gefährlichen SS-Leute waren erfolglos abgehauen. In dieser euphorischen Stimmung erinnerte man sich an das Vorhaben, sich einmal vom Doctor-Berg aus die gesprengte Moselbrücke anzusehen. Da es bis zum Doctor-Berg höchstens 500 Meter waren und alle etwas Bewegung nötig hatten, zog eine Gruppe Erwachsener mit Marlene und mir den Weinbergfast hinab zum „Doctor“, dessen teure Lage vielleicht 50 Meter ober halb unseres Weges am Waldrand endete. |
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Dort, wo die Weinlage Bernkasteler Badstube in die Lagen „Doctor“
und „Graben“ übergehen, standen wir genau über dem Städtchen und konnten das Moseltal von Andel bis nach Wehlen fast ganz überblicken. Das Städtchen war merkwürdig ruhig. Wir konnten keine Menschen am Gestade erkennen, es fuhren keine Autos und wir hörten keine Stimmen. Nur aus den Schornsteinen der Häuser kräuselten sich kleine, weiße Rauchwolken nach oben.Direkt vor unseren Füßen rauschten leise die Trümmer der Moselbrücke im Fluss. Irgendwie ahnte man den Frühling und den Anfang einer neuen Zeit. In Kues schien auch alles ruhig.
Herr Zimmer machte einen Witz über die „Kueser Schweden“, die es wohl schon wieder mit den Siegern trieben-wie sie es schon im Dreißigjährigen Krieg mit Gustav Adolf getrieben hätten.
Die Erwachsenen lachten laut, als ein heftiges Klopfen an einem Weinstock und ein lauter, jammernder Ton zu hören war. Kurz darauf
war ein anderer Ton zu hören: Irgendetwas war auf eine Schieferplatte geschlagen, die mit einem trockenen „Plopp! zerplatzte. Dann wieder
der jammernde Katzenschrei und ein kleiner Knall. Jetzt war es Herrn Zimmer klar: Wir lagen im Feuer der amerikanischen Scharfschützen,
die das noch von den Deutschen besetzte
Ufer beschossen.
.„ Hinlegen! Nicht bewegen! Kopf runter“ rief Herr Zimmer und warf
sich flach auf den Weinbergweg. Blitzartig lagen alle flach auf dem
Weg, nur Marlene nicht.
Mein Schwesterchen setzte sich seelenruhig
an den Hang neben einen Weinstock und sah belustigt auf die anderen herab, die alle im Staub des Weges auf ihren Gesichtern lagen.
„Marlene! Hinlegen!“ schrie Mama Maria und Marlene legte sich ganz gemütlich hin, zwar mit dem Kopf auf dem Boden aber immer noch im Hang und nicht auf der schützenden Straße.
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